Cristallogiruppe, Pomagegnon, Sorapiss



In der Cristallogruppe ragt der Monte Cristallo, einer der gewaltigen Felsgiganten der Ampezzaner Dolomiten empor; er steht im Nordosten über Cortina d'Ampezzo und bildet für diesen Ort eine prächtige Kulisse. Er ist wohl einer der faszinierendsten Gipfel, majestätisch erhaben, vielleicht sogar furchteinflößend, aber gerade deshalb eine Herausforderung und "Pflicht" für jeden erfahrenen Bergsteiger in diesem Teil der Alpen. Wie in vielen Nachbarmassiven fand auch hier in den Jahren 1915 - 1918 das grausame Ringen des Gebirgskrieges statt, und die damaligen militärischen Anlagen und Steige waren zum Teil Grundlage für den Ausbau und die Herstellung des heutigen Klettersteignetzes. Ende der sechziger Jahre und dann nochmals 1974 wurden im südlichen und nördlichen Teil der Cristallogruppe die entsprechenden Arbeiten abgeschlossen, was natürlich nicht von den laufenden Instandhaltungsarbeiten befreit. Die "Via ferrata Ivano Dibona" ist gelungenes Beispiel dieser vielfachen Mühe von Idealisten und führt vom Rif. G. Lorenzi durch den gesamten westlichen Cristallokamm bis zum Col dei Stombi. Dabei ist gleich am Anfang eine 27 m lange, schwankende Hängebrücke zu überqueren; sensationell ist dieser Höhenweg, der herrliche Panoramaausblicke bietet und in realistischer Form Einblick in die örtlichen Verhältnisse des Gebirgskrieges erlaubt. Hier war es Paul Grohmann, der 1865 den schwierigen Monte Cristallo erstmals bezwang, nachdem er vor dem Gipfelsieg über die Möglichkeit der Eroberung des Berges lade Zweifel geäußert hatte. Angesichts der Gewaitigkeit des Massivs ist auch der Bergwanderer manchmal froh, über einen Sessellift und anschließend mit dem Gondellift direkt ins Massiv auf eine Höhe von 3000 m zu kommen. Die steil abfallenden Feistürme lassen im Innern der Berggruppe wenig Platz für Schutzhütten und bei der Bergstation der Seilbahn bietet nur das Rif. G. Lorenzi Unterschlupf, etwas westlich noch eine Biwakschachtel. Im Jahre 1973 wurde in punkto Sicherheit sehr viel getan und die Cima di Mezzo (Via ferrata Marino Bianchi) mit Drahtseilen, Haken und 2 Leitern begehbarer gemacht. Der bedeutungslose, aber nicht ungefährliche kleine Gletscher an der Nordseite des Haupkammes wird vom Dolomitenhöhenweg 3 durchquert, der die Gruppe in Nordsüd-Richtung durchläuft.



In anderer Umgebung würde der zwischen Cortina und Cristallo liegende Pomagagnonzug ein eindrucksvoller Bergzug sein, Nachbarschaft des Monte Cristallo, höher als 3000 m, muß er mit 2450 m ein eher bescheidenes Dasein führen, wenn er auch schöne Klettersteige mit herrlicher Aussicht auf den Dolomiten beherbergt. Die Nähe von Cortina im Süden und das liebliche Misurina im Osten lösen die Frage der Talstützpunkte hervorragend. Durchden Fleiß, der in die Sicherungs- und Ausbauarbeiten investiert wurde, ist der Schwierigkeitsgrad der Klettersteige, obwohl in sehr schwierigem Gelände, "nur" als "schwer" einzustufen.



Die Sorapissgruppe bildet die gewaltige südöstliche Kulisse für den berühmten Dolomitenhauptort Cortina d'Ampezzo, wobei dieser Gebirgsstock nicht mehr die hohe Zahl an Einzeltürmen und Schluchten aufweist, wie es bei den "Sextenern" oder der Cadinigruppe der Fall ist. Die Wirkung ist deshalb klobiger, was aber den bergsteigerischen Reiz keinesfalls schmälert, denn auch hier wird man von einer prächtigen Kulisse umgeben. Der Gipfelkamm dieses gewaltigen Bergstockes bildet einen Halbkreis und ist nach Nordosten hin geöffnet. In dessen Mitte, im Süden, liegt die Sorapiss-Spitze, mit 3205 m, einer der sieben Gipfel der östlichen Dolomiten, die mehr als 3200 m Höhe erreichen. Erstmals erstiegen wurde der Gipfel 1864. Westlich wird der Bergstock durch das Ampezzotal, nördlich durch den Passo Tre Croci begrenzt, das Ansietal schließt im Norden ab, während nach einer markanten Einkerbung die Marrnarolegruppe den Gebirgszug nach Südosten weiterführt. Die drei kleinen Gletscherfelder, innerhalb des Gipfelhalbkreises gelegen, sind für die Benutzung der Klettersteigrouten bedeutungslos, doch speisen sie mit ihrem Schmelzwasser den kleinen Lago di Sorapiss, der diesem Gipfelrund ein natürliches Zentrum verleiht. Die sich von diesem Standpunkt aus bietende Kulisse mit charakteristischen Spitzen wie den "Drei Schwestern" und dem "Finger Gottes" kann wirklich als eine der Kostbarkeiten der Dolomiten bezeichnet werden. Die Touren um den Sorapiss-Stock werden zudem fast immer als aufeinanderfolgende Einheit betrachtet, man spricht deshalb vom "Sorapissring", der durch seine Länge entsprechende Bergerfahrung und Kondition verlangt. Eine Seilbahn bringt den Alpinisten von Cortina aus zwar in eine Höhe von 2300 m, aber nicht in unmittelbare Nähe der Klettersteige. Diese liegen im südlichen und östlichen Teil und bilden jeweils Abschnitte der Dolomitenhöhenwege 3 und 4. Wichtiger Ausgangsort im Tal ist S. Vito di Cadore, von dem man über den Höhenweg 3 ins Klettersteiggebiet gelangt. Innerhalb des Massivs ist nur die Sorapisshütte (Rif. Vandelli) als Stützpunkt zu nennen. Zwei Biwakschachteln geben weitere Schutzmögiichkeit und sind bei Planung der "Ringtour" unbedingt einzubeziehen. Alles in allem: ein anspruchsvolles Klettersteiggebiet, das den geübten Bergsteiger immer wieder durch seine gewaltige Wirkung belohnt.